Neue Abfalleinsammlungswege in Wohngebieten

(Gerd Kohlhage, Diplomverwaltungswirt grad. Dipl.Kom., Juni 2002)

 

Ökonomisch und ökologisch verbesserte Abfalleinsammlung durch Einsatz von Müllschleusen in Entsorgungsinseln anstelle von Einzelsammelgefäßen

 

In den meisten Wohngebieten offener Bauweise erfolgt die Einsammlung der Abfälle (sowohl der Abfälle zur Beseitigung als auch die Einsammlung der Abfälle zur Verwertung mit Ausnahme der Glaseinsammlung) über Einzelsammelbehälter unterschiedlicher Größen (80 l, 120 l, 240 l usw.), die Bewohner an den Sammeltagen an den Straßenrand oder auf die Gehwege zur Entleerung bereitstellen. Nach der Leerung werden die Behälter sofort oder in vielen Fällen nach Rückkehr von der Arbeit wieder auf die Grundstücke zurückgeholt.

 

So ist es ein alltägliches Bild, dass z.B. in einem Baugebiet von ca. 53 Häusern – Ein- und Zweifamilienhäusern mit Einliegerwohnung i.d.R. – alle 14 Tage ca. 80 bis 90 Sammelbehälter auf der Straße stehen und im Stop-and-go-Verkehr vom Personal der großen Müllfahrzeuge geleert werden.

 

In den übrigen Wochen stehen an den gleichen Stellen die Sammelbehälter für die Abfälle zur Verwertung und werden in gleicher Weise entleert.

 

Wenn man davon ausgeht, dass in 53 Häusern durchschnittlich mindestens 200 Einwohner leben, dann müssen für die Entsorgung der Abfälle folgende Sammelbehälter bereit stehen: a) ca. 50 MGB für Papier und Kartonagen, b) ca. 50 MGB für Leichtverpackungen und c) ca. 100 MGB für die Abfälle zur Beseitigung. Bei der Größe der Behälter (240 l für die Abfälle zur Verwertung und 120 l für die Abfälle zur Beseitigung) wird zur Vermeidung von Anreizen zur illegalen Entsorgung der Abfälle über Wertstoffsammelgefäße, Straßenkörbe und die Natur von einem vorzuhaltenden Mindestbehältervolumen von 30 l je Einwohner bei einem 14-tägigen Entleerungsrhythmus ausgegangen.

 

Ökonomische Vorteile des Schleuseneinsatzes:

 

Wenn man davon ausgeht, dass der Entsorgungsvorgang eines Behälters (Anhalten, Behälter anheben, Abkippen, Behälter absetzen) ca. 60 Sekunden dauert, dann dürfte die Entleerung von ca. 80 bis 100 Behältern ca. 1 ½ Stunden dauern. Die gleichen Einsatzzeiten für Fahrzeuge und Personal dürften bei der Entleerung der Behälter für die Abfälle zur Verwertung zu verzeichnen sein. Wenn die Einsammlung der Leichtverpackungen über Säcke erfolgt, dürften die Zeiten noch länger sein.

 

Abfallmengenmessungen in einer kleinen Gemeinde mit 8000 Einwohnern und einer überwiegend aus Ein- und Zweifamilienhäusern bestehenden offenen Bauweise haben ergeben, dass folgende durchschnittliche Abfallmengen je Einwohner einzusammeln sind im Laufe eines Jahres: a) 35 kg Papier, Kartonagen, b) 20 kg Leichtverpackung, c) 27 kg Glas und d) 240 kg Abfälle zur Beseitigung (einschließlich Entsorgung der Abfälle aus Geschäften und Kleinbetrieben). Bei ca. 200 Einwohnern sind das a) 7 t Papier und Kartonagen, b) 4 t Leichtverpackungen c) 5,4 t Glas und d) 48 t Hausmüll jährlich. Nach Anwendung einer am Verursacherprinzip orientierten Gebührenerhebung unter gleichzeitiger Regelung von Sortieranreizen durch Einsatz – in diesem Fall – Kipp-Chip-Systems bei Einzelbehälterentsorgung veränderten sich die Abfallmengen wie folgt: a) 66 kg Papier, Kartonagen, b) 44 kg Leichtverpackung, c) 52 kg Glas und 160 kg Abfälle zur Beseitigung.

 

Bei einem angenommenen Abfalleinsammlungspreis von 77 Euro je Tonne entstehen dadurch folgende Einsammlungskosten: a) für Papier und Kartonagen = 539,00 Euro, davon erstattet DSD i.d.R. 25 %, so dass noch 404,25 Euro verbleiben, b) die Kosten für LVP und c) für Glas trägt DSD und d) 3.696 Euro für die Abfälle zur Beseitigung. Insgesamt entstehen also 4.100,25 Euro gebührenfähige Einsammlungskosten für die Entsorgung von 53 Häusern bzw. 200 Einwohnern.

Je nach Größe eines Baugebietes können diese Zahlen entsprechend hochgerechnet werden. Nach Einsatzes eines Systems zur individuellen Gebührenabrechnung und verstärkter Sortiermotivation verändern sich die Kosten entsprechend den veränderten Abfallmengen wie folgt: a) für Papier und Kartonagen = 762,30 Euro und 2.464,– Euro für die Abfälle zur Beseitigung, insgesamt also = 3.226,30 Euro. Das ist eine Kostensenkung um ca. 20 %. Wenn man dazu noch die durch Senkung der Mengen der Abfälle zur Beseitigung erreichten Einsparungen bei den Gebühren für die Benutzung der Müllverbrennungsanlage rechnet und eine Gebühr von 250 Euro je Tonne annimmt, dann stehen 16.100,25 Euro vor Schleuseneinsatz 11.226,30 Euro nach Schleuseneinsatz gegenüber. Das ist eine Kostensenkung um 4.873,95 Euro.

 

Wenn jedoch anstelle der Einzelsammelbehälter Müllschleusen, die ebenso wie die bei Einzelbehältern eingesetzten Systeme eine am Verursacherprinzip orientierte individuelle Gebührenerhebung ermöglichen, auf drei Entsorgungsinseln innerhalb des Baugebietes aufgestellt werden, die die Abfälle aufnehmen, dann reduzieren sich die Kosten der Abfalleinsammlung auf 1/3. Denn für die Entsorgung von 200 Einwohnern ist ein Gesamtbehältervolumen für die Abfälle zur Beseitigung von 6000 l nötig und ein ebenso großes für die Abfälle zur Verwertung zuzüglich eines Reservevolumens bei „Stoßbetrieb” nach Feiertagen usw., d.h. drei Schleusenstandorte sind notwendig, um die Abfälle der Bewohner des Baugebietes aufzunehmen. Dabei sollten die Behälter zur Aufnahme der Abfälle zur Verwertung je Standort um einen weiteren Behälter ergänzt werden, damit auch in besonderen Situationen bei Festtagen usw. ein Reservevolumen bereit steht. Denn nichts ist schlimmer als überquellende Behälter, deren Entleerung noch auf sich warten lässt. Die Entsorgungsinseln sollten nicht weiter als 100 bis 150 m von den Wohnhäusern entfernt liegen, in denen die Menschen leben, die über die Schleusen ihre Abfälle entsorgen müssen.

 

Die Einsammlung der Abfälle aus den MGB 1100, die in den Schleusen stehen, dauert max. 10 Minuten, d.h. nach ca. 30 Minuten kann die Abfalleinsammlung in dem Baugebiet abgeschlossen werden. Die zeitabhängigen Kosten für Personal und Fahrzeug – und das sind über 75 % der Gesamteinsammlungskosten – reduzieren sich also auf 1/3.

 

Durch die Reduzierung der Abfalleinsammlungskosten auf Grund der Einsammlung der Abfuhr von nur drei Einsammelstellen tritt also – wieder am beschriebenen Beispiel des Baugebietes mit 53 Häusern – eine weitere Kostensenkung um 2659,07 Euro ein, denn 3.226,30 Euro für die Einsammlung des Hausmülls (Abfälle zur Beseitigung) und der Einsammlung von Papier und Kartonagen stehen nur noch 1/3 = 1329,53 Euro gegenüber.

 

Die Gesamtkosteneinsparungen betragen also in diesem Beispiel 7.533,02 Euro. Dem stehen natürlich die Investitionskosten der Schleusen gegenüber. Bei Einsatz von 6 Schleusen mit einer Aufnahmekapazität von rd. 6000 l – bei besonders großem Müllaufkommen z.B. nach Festtagen kann eine wöchentliche Entleerung veranlasst werden – entstehen Anschaffungskosten von ca. 18.000,– Euro. Die jährlichen Kosten für Eigenkapitalverzinsung – angenommen 6 % – und Abschreibungen bei einer Gesamtabschreibungszeit von 5 Jahren betragen danach = 1.080,– Euro Zinsen und 3.600,– Euro Abschreibungen. Die gebührenfähigen Kosten für diesen Systemeinsatz betragen also insgesamt ca. 4.680,– Euro. Ihnen stehen Kosteneinsparungen bei den Einsammlungs- und Transportkosten sowie Gebühren für die Benutzung der Abfallbeseitigungsanlagen – hier Müllverbrennungsanlage – in Höhe von 7.533,02 Euro gegenüber, so dass im Gesamtergebnis durch den Einsatz der Schleusen eine Kostensenkung um 2.853,02 Euro erreicht wird. Das sind bei 200 Einwohnern, die ihre Abfälle über die Schleusen entsorgen in diesem Beispiel = ca. 14,– Euro je Einwohner, eine Gebührensenkung, die zunächst als so niedrig erscheint, dass sich diese Investition nicht rechnen würde. Aber je stärker die Beseitigungskosten je t der Abfälle zur Beseitigung ansteigen, desto höher sind die Einsparungen durch den Schleuseneinsatz. Bereits ein Anstieg der Kosten für die Benutzung einer Müllverbrennungsanlage um 150 Euro auf 400 Euro je t führt zu einer Einsparung von 32.000 Euro. Daraus folgt, dass sowohl der Einsatz von Systemen zur individuellen Gebührenveranlagung bei Einzelsammelgefäßen als auch der Einsatz von Müllschleusen mit vergleichbarer Gebührenveranlagung proportionale Einsparungseffekte auslösen je stärker die Gebühren für die Benutzung von Abfallbeseitigungsanlagen ansteigen. Das hier dann immer wieder gebetsmühlenhaft vorgetragene Argument, durch die mit dem Einsatz dieser Systeme verbundene Senkung der Abfallmengen zur Beseitigung und damit des Inputs in die Beseitigungsanlagen würden Leerkapazitäten verursacht mit entsprechenden Gebührensteigerungen wegen der hohen Fixkosten der Anlagen als zweifelhafter Lohn für den Sortier- und Abfallvermeidungsfleiß der Benutzer der Abfallentsorgung, ignoriert die Tatsache, dass die Leerkapazitäten in den Entsorgungsanlagen nur zu einem verschwindend geringen Teil auf den Rückgang des Hausmülls, sondern im wesentlichen auf den Rückgang des Gewerbeabfalls zurückzuführen ist. Denn nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes brachen i.d.R. über 80 % der Produktionsabfälle als nunmehr Abfälle zur stofflichen oder thermischen Verwertung aus der öffentlichen, dem Anschluss- und Benutzungszwang unterworfenen Abfallmengen heraus und wurden nach marktwirtschaftlichen Mechanismen entsorgt.

 

Ökologische Vorteile des Einsatzes von Müllschleusen in Wohngebieten mit überwiegender Ein- und Zweifamilienhausbebauung und offener Bauweise:

 

Es ist nur zu verständlich, dass bei konventioneller Abfalleinsammlung im Holsystem über Einzelsammelbehälter Woche für Woche Brems- Kipp- und Anfahrvorgänge durch die großen Müllfahrzeuge stattfinden, denn jedes an die Abfallentsorgung angeschlossene Grundstück muss aufgesucht werden, um festzustellen, ob Behälter zur Entleerung herausgestellt sind und wenn ja, dann müssen die Behälter geleert werden. Dass bei dieser Stop-and-go-Fahrweise ein besonders hoher Kraftstoffverbrauch zu verzeichnen ist, bedarf keiner näheren Begründung. Am beschriebenen Beispiel ist zu erkennen, dass ca. 90 Minuten lang in diesem Wohngebiet eine nicht unerhebliche Belastung durch Ausstoß verbrannten Kraftstoffes zu verzeichnen ist und jeder, der an den Entleerungstagen sich in einem solchen Wohngebiet aufhält, weiß, welcher störende Lärm mit dem Fahren, Behälterkippen und Behälterabsetzen verbunden ist. Diese ganz erheblichen Belastungen – von der Fahrbahnbelastung durch die Müllfahrzeuge bei einer einfachen Anliegerstraße einmal ganz abgesehen – für die Bewohner des Baugebietes fallen weg. Allerdings ist der Preis dafür ein längerer Weg zur Müllschleuse und die Aufgabe der Bequemlichkeit, den Abfall vor der Haustür in den Mülleimer werfen zu können. Wiederum entfallen die Belastungen beim Behälterherausstellen und Zurückholen bei Schnee, Schneeräumen für den Behälterstandort, Kosten der Behälterunterbringung auf dem Grundstück usw. Nicht zur Verschönerung des Siedlungsbildes tragen die Behälter bei, die wegen der Grundstücksgröße aus Platzgründen vor der Hausfront platziert sind. Je nach Satzung können bis zu 4 Behälter das Grundstück „zieren”.

 

Durch Wegfall der geschilderten Belastungen wird der Wohnwert eines solchen Baugebietes nicht unerheblich gesteigert, das gilt besonders dann, wenn innerhalb des Baugebietes verkehrsberuhigte Bereiche eingerichtet wurden – Spielstraßen – auf denen die Fußgänger, insbesondere die spielenden Kinder – nicht mehr durch die Müllfahrzeuge gefährdet werden und auch die ständigen Beschwerden der Vergangenheit angehören, Behälter seien nicht entleert werden, weil der Fahrweg des Müllwagens durch parkende Kraftfahrzeuge versperrt war.

 

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